Die Traumreise des Smartwool-Athleten Nick Russell

Der Denali ist eines der Dinge, die schon lange auf meiner Liste standen. Mit 6190 m ist er der höchste Berg Nordamerikas. Dort gibt es einige der begehrtesten Snowboard- und Skiabfahrten der Welt. Obwohl das Klettern entlang der traditionellen Route unkompliziert und nicht allzu technisch ist, so können seine Höhe, die kalten Temperaturen und die möglichen Stürme, die sogar Zelte eindrücken, auch den erfahrensten Bergsteiger in Schwierigkeiten bringen. Zu Beginn dieses Winters beschloss ich, dass ich endlich mit einer Gruppe Freunde die Erfahrung von „The High One“ machen möchte, in der Hoffnung, vom Dach Nordamerikas herunterzufahren.

 

In den Monaten bis Juni war der Denali stets in meinen Gedanken und ich wollte mich sowohl physisch als auch psychisch so fit wie möglich halten.

 

Da es sich um einen sehr beliebten Gipfel handelt, erforderte der Antrag für die Erlaubnis zur Erstbesteigung fast zwei Monate. Das heißt, die Anstrengung beginnt schon viel früher. Ich lud acht Freunde ein, die alle sofort zusagten. Normalerweise gehe ich nur mit wenigen Partnern in die Berge. Es schien aber passend, das Saisonende mit einer größeren Mannschaft auf so einem großen Berg zu feiern. Unser Team wurde bald als das Denals Surf Team bezeichnet und bestand aus Jerry Mark, Nathaniel Murphy, Harry Kearney, Clark Henarie, Forrest Shearer, Dan Davis, dem Big-Wave-Surfer Ian Walsh und mir selbst. Im letzten Moment kam ein neunter Mann hinzu, Kameramann und Alibi-Skifahrer Erich Roepke, um diese Expedition in einem Kurzfilm zu dokumentieren.

ANKUNFT

Der Großteil der Ausrüstung wurde in der Nacht vor dem Flug nach Norden gepackt, wobei während der zwei Tage in Alaska vor dem Flug auf den Gletscher alles nochmals neu organisiert, umgepackt und neu verteilt wurde. Das meiste Essen und die anderen Dinge, die wir in letzter Minute besorgten, kauften wir in Anchorage, bevor wir nach Talkeetna fuhren. Am Morgen unseres geplanten Flugs auf den Kahiltna-Gletscher war der Himmel bedeckt und es regnete leicht. Darum mussten wir warten. Wir saßen unter dem Vordach des Hangars und ich ging meine mentale Checklist dutzende Male durch. Doch wir konnten nichts anderes machen als abwarten. Doch schon bald erhielten wir den Anruf – Zeit aufzubrechen.

Als wir am 8. Juni in das Kleinflugzeug einstiegen, das vom Eigentümer von Talkeetna Air Taxi und legendären Pilot Paul Roderick gesteuert wurde, gingen die Emotionen hoch. Der Flug war fast wie eine religiöse Erfahrung; ein monumentaler Initiationsritus für jeden, der in den Bergen Großes wagen will. Wir schauten voller Ehrfurcht aus dem Fenster. Der Ausblick vermischte sich mit Nervosität und Aufregung in Erwartung eines Monats auf einem anderen Planeten.

Die Sonne schien auf die Landebahn herunter und schien durch die aufgetürmten weißen Schneekronen noch prächtiger. Meine Ausrüstung war aufgeteilt auf meinen Rucksack und einen Kunststoffschlitten, der mehr als 60 kg wog. Wir bewegten uns im langsamen Tempo in einer langen Schlange zum Lager Eins. Man verliert sofort den Maßstab und die Perspektive, denn jede Erhebung und jede Schneebank am Horizont waren weiter weg als die vorhergehenden. Als wir nach einigen Stunden eine Biegung machten, eröffnete sich vor uns der erste Anblick des gesamten Berges. Ich konnte nicht anders als alle 30 Sekunden stehenzubleiben, und seine großartige Form zu bewundern. Wir errichteten das Lager bei 8k mit klarem Himmel und perfekten Temperaturen. Auf diesem weit nördlichen Breitengrad geht die Sonne zu dieser Jahreszeit nicht unter, sondern bleibt in einem endlosen Sonnenuntergang am Himmel. Ich bedeckte meine Augen mit einer Maske und schlief nach einem anstrengenden Tag sofort ein.

VORWÄRTS UND AUFWÄRTS

Von den darauffolgenden Tagen blieben nur verschwommene Erinnerungen, aus denen nur einige bestimmte Momente klar hervortreten. Ich besitze die Eigenschaft, die schwere Last, die an meiner Hüfte hängt, zu ignorieren, und mich auf die Schönheit dieser surrealen Landschaft zu konzentrieren. Unzählige Bergsteiger und einige Skifahrer kamen den Berg herunter und erzählten uns von den hervorragenden Bedingungen in der letzten Woche.

 

Wir waren dankbar für das angenehme Wetter, das uns beim Aufstieg begleitete, und motiviert durch die vielversprechenden Erzählungen, zogen wir trotz der Schmerzen weiter vorwärts und aufwärts.

Lager Zwei wurde bei 11k errichtet. Es herrscht dort reger Betrieb mit vielen Bergsteigern und es ist mit Fahnen, Stäben und Zelten in kräftigen Neonfarben ausgestattet. Pakete wurden mit schweren Lebensmitteln und Treibstoffgefäßen gefüllt, die knapp unter dem Lager 14 zwischengelagert wurden, um den nächsten Tag etwas leichter zu machen. Wir folgten der gut markierten Route hinauf zu den Motorcycle Hills und Squirrel Hills, einem kurzen, aber schroffen Steilhang direkt hinter dem Lager. Als die Wolken in der Ferne dichter wurden, vergruben wir unsere Vorräte am Hang unter dem Windy Corner und gingen schnell über in den Board-Modus über, um nicht in einem Whiteout steckenzubleiben. Unsere ersten Schwünge dieser Expedition machten wir auf sanften Pulverschneehänge. Das brachte mir wieder den eigentlichen Grund für diese Exkursion ins Gedächtnis: Snowboardfahren.

 

Beim Packen für unsere zwei Nächte im Lager 11 wählten wir einen anderen Weg, um die Mühen der Motorcycle Hills/Squirrel Hills zu vermeiden. Murph und Clark hatten am Tag zuvor eine neue Steigfellspur im weichen Schnee gezogen, die direkt zu den Flachstellen des Gletschers führte, obwohl sie sich durch breite, aber sichtbare und bewältigbare Gletscherspalten schlängelte. Windy Corner entpuppte sich als einfache Stelle, da die große Frequenz an Bergsteigern und der ausgiebige Schneefall der letzten Wochen diese bekannte Querung eher harmlos machte. Am Ende des Tages waren wir bei unserer neuen Unterkunft auf 4200 Metern angelangt, wo wir die restlichen Tage dieser Exkursion verbringen würden, um die richtigen Lines zu finden. Wir haben uns deshalb die Zeit genommen, eine angemessene Unterbringungssituation zu schaffen, damit die weiteren Unternehmungen reibungslos und so angenehm wie möglich ablaufen konnten.

AKKLIMATISIERUNG

Im Laufe der Jahre habe ich gelernt, dass die beiden wesentlichen Elemente für das Snowboarden auf großer Höhe Geduld und Respekt vor dem Berg sind. Obwohl das Wetter von Anfang an hervorragend war, musste man es langsam angehen, um sich nicht gleich zu Anfang schlecht zu fühlen. Als ich hörte, dass ein paar Leute am Tag zuvor mit dem Hubschrauber vom Berg geholt werden mussten, weil sie an HAPE (Höhenlungenödem) litten, bestätigte sich meine Auffassung. Ohne die schweren Lasten kamen wir bei jedem Aufstieg ein Stück weiter, um uns für einen möglichen Gipfelsturm vorzubereiten.

Es scheint fast so, dass der Denali für Snowboarden und Skifahren geschaffen wurde. Verschiedene Abfahrten im westlichen Teil des Berges waren perfekt angelegt, um langsam in forderndes Gelände überzugehen. Fast jede Abfahrt endete direkt beim Lager und war für die Zuschauer, die in ihren warmen Stiefeln dastanden und zuschauten, eine willkommene Unterhaltung.

 

Im Laufe der darauffolgenden Woche bahnten wir unseren Weg nach oben, indem wir mit leichteren Touren zur Gletscherebene des Orient Express begannen und mehrere Tage auf 17k am Rescue Gulley, Dog Leg und einem unangenehmeren Einschnitt durch die Felsen entlang der Westflanke aufstiegen. Bei jeder Abfahrt musste man besonders vorsichtig sein, da sich Eisflächen weiter unten auf den Hängen verbergen konnten. Daher ist konservatives Fahren ein Muss, wenn Hinfallen keine Option ist.

GIPFEL

 

Am Tag 12, nach einem gescheiterten Gipfelaufstieg, wagten wir einen weiteren Vorstoß. Der nachlassende Wind vom Gipfel gab den Ton beim Aufstieg an und ließ befürchten, dass das nicht unser Tag war. Entlang der Querung vom 17k-Lager zum Denali-Pass auf einer Höhe von 5 600 m, die auch als Autobahn bekannt ist, trugen die Gruppen von Bergsteigern, die auf dem Rückweg waren, nicht gerade bei, uns zu motivieren. „Da oben ist es krass“, hörte ich von denen, die ihren Aufstieg abbrachen. Nichtsdestotrotz gingen wir zum Pass weiter und hofften, dass der Wind in den nächsten Stunden nachlassen würde.

 

Als die Luft dünner wurde, machte sich Optimismus breit. Jeder langsame Schritt und mühsame Atemzug brachten mich tiefer in die Meditation der Bewegung. Irgendwann, nachdem wir über eine Stunde lang nicht miteinander gesprochen hatten, wandten Murph und ich uns einander zu und hatten den gleichen Gedanken im Kopf: „Ich glaube, wir haben es geschafft“.

 

Tatsächlich erreichten wir das sogenannte ‚Fußballfeld‘, eine Flachstelle direkt unterhalb des Gipfels, unter einem Himmel, der einem den Atem verschlug und keine Menschenseele um uns herum. Beim Erklimmen der letzten Meter des Bergkamms überkam mich eine Flut von Emotionen, wie ich sie nie zuvor erlebt hatte. Vielleicht lag es am mangelnden Sauerstoff oder an der Tatsache, dass wir den höchsten Punkt Nordamerikas unter perfekten Bedingungen erreicht hatten. Der Anblick der Gipfelmarkierung mit ihren Gebetsfahnendekorationen raubte mir buchstäblich den Atem. Wir genossen den Anblick, bis die Kälte zurückkam. Dann schnallten Danny, Murph, Clark und ich unsere Boards an und fuhren um 21 Uhr hinunter zur Einfahrt des Messner Couloirs. Wir kamen an der restlichen Mannschaft vorbei, die die letzten 150 m vor sich hatten und umarmten uns und tauschten Glückwünsche aus.

Es schien so, als ob die Götter der Berge ihr Licht auf uns herabsandten. Bei Expeditionen wie dieser gibt es so viel Möglichkeiten für Fehler, die schnell zu einem viel ungünstigeren Ausgang hätten führen können. Der Messner Couloir bot ideale Tiefschneebedingungen vom Beginn der Stirnwand an, hinunter durch die vereiste Flanke, fast 1670 m kontinuierliche Falllinie zurück zum Camp. Wir bahnten uns den Weg von einer sicheren Stelle zur nächsten, bis meine Beine brannten und meine Wangen durch das anhaltende glückselige Grinsen wehtaten.

Wie Kerouac sagte: „Wenn du am Gipfel ankommst, klettere weiter.“ Zwei Tage später, am 23. Juni, nach einer wohlverdienten Ruhepause, nahmen einige von uns eine andere der großen Routen ins Visier, den Orient Express. Der Aufstieg über die Westflanke brachte uns erneut auf eine Höhe von 5800 m, von wo aus wir bei fantastischen Bedingungen hinunter auf den Kahiltna-Gletscher blickten. Angeregt durch den himmlischen Anblick einer Traumlandschaft genossen Forrest, Murph und ich jede Sekunde des Abstiegs.

Die Vorhersage des Eintreffens eines Wettersystems brachte uns dazu, unsere Pläne für das weitere Vorgehen durchzudiskutieren. Es blieb noch eine Woche unseres möglichen Zeitfensters auf dem Berg, und unser Team war fast jede Strecke auf dem Berg gefahren, bis auf eine, den Black Rock Peak vom Nordgipfel. Diese Seite war erst einmal 2007 mit Skiern befahren worden, eine Unternehmung unter der Leitung von Clark Fyans, Chris Davenport und Greg Collins. Diese markante Seite, die aus mehreren Couloirs besteht, zeigt sich vom West Buttress und übt eine unbestreitbare Anziehungskraft aus.

 

Die Vorstellung, genau dort meine Spuren zu hinterlassen, ließen mich die Strapazen des Vortags am Orient Express vergessen. Angetrieben von der Vorahnung, dass dies vielleicht die letzte Chance für stabiles Wetter war, brachen wir uns zu acht zu diesem letzten Aufstieg auf. Ohne viel zu sagen, wählte jeder eine Route, die ihm zusagte, und machte sich langsam wieder auf den Weg zum Denali-Pass, um die Rückseite des Gipfels zu erklimmen.

 

Die Route führt durch ein Labyrinth aus losen glatten schwarzen Steinen, bis man zum höchsten Punkt der Strecken kommt. Wir hatten die Gunst der Sterne auf unserer Seite und jeder fuhr sicher den Abhang auf glattem und weichem Schnee ganz im eigenen Stil hinunter. Am meisten beeindruckte mich unser Surfer Ian Walsh, der sein gewohntes Element verließ und eine tolle erste Abfahrt auf dem Snowboard hinlegte.

Letztendlich werden Zeit und Mühe mit den besten Abfahrten deines Lebens belohnt. Ein großes Dankeschön an das Denals Surf Team, die Ranger, Talkeetna Air Taxi und vor allem an „The High One“ für eine unglaubliche Expedition.

 

Zu sagen, wir hätten Glück gehabt, wäre eine Untertreibung. Warum manche Expeditionen die Erwartungen übertreffen und andere scheitern, wird mir immer ein Rätsel bleiben. Das Einzige, was man tun kann, ist, immer voranzugehen, um unsere Träume zu verfolgen.

 

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